Bericht des Präsidenten

Coronavirus-Pandemie. Krieg in der Ukraine. Eine Krise löst die vorhergehende ab. Während sich zu Beginn des Jahres eine neue Normalität abzuzeichnen schien, etabliert sich nun das seit 2020 herrschende sehr hohe Mass an Unsicherheit langfristig.

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Bericht des Präsidenten

Coronavirus-Pandemie. Krieg in der Ukraine. Eine Krise löst die vorhergehende ab. Während sich zu Beginn des Jahres eine neue Normalität abzuzeichnen schien, etabliert sich nun das seit 2020 herrschende sehr hohe Mass an Unsicherheit langfristig. Im internationalen Vergleich haben die Schweiz und insbesondere unser Kanton die Pandemie-Krise gut bewältigt. 2021 erlebten die meisten Unternehmen einen Aufschwung oder konnten sich stabilisieren, und dies in einem doch sehr schwierigen Umfeld, das durch die nach wie vor benachteiligende Präsenz von Covid, systematische Unterbrechungen der Versorgungsketten und einem sich verschärfenden Arbeitskräftemangel geprägt war. Trotz dieses starken Aufschwungs konnten die von den Gesundheitsvorschriften am stärksten betroffenen Sektoren – Restauration, Hotellerie und Eventbereich – das Niveau von vor der Krise noch nicht erreichen. Das sollten wir immer im Hinterkopf behalten.

Mit dem russischen Angriff auf die Ukraine ist ein neues grundlegendes Problem aufgetreten: die Energieversorgung und die Explosion der Energiepreise. Öl, Gas, Elektrizität: Die Tarife sind in die Höhe geschossen, nachdem sie bereits 2021 deutlich angestiegen waren. Dieser zügellose Preisanstieg tritt zur gleichen Zeit wie die Verteuerung aller Metalle, des Holzes, der Agrarrohstoffe und Düngemittel ein. Verteuert haben sich aber, via Zinsanstieg, auch die Kredite. Und die Liste ist längst nicht abschliessend.
Die Inflation galoppiert und erreicht in den USA und Grossbritannien Spitzenwerte von 8-9%. Wenn sie in der Schweiz noch «gedämpft» bleibt, wird sie im Jahresschnitt die 2%-Marke überschreiten – ein seit 2008 nie mehr erreichtes Niveau. Am Rande sei vermerkt, dass die Schweiz die Inflation bislang dank des starken Frankens, der aber für unsere Exportindustrie ein erhebliches Hindernis darstellt, im Zaume halten konnte. Der hohe Frankenkurs könnte sich aber angesichts der möglichen Folgen des eindrücklichen Schuldenvolumens der EU-Länder noch akzentuieren.
Im Hintergrund bereitet eine andere Inflation einer wachsenden Anzahl von KMU Sorgen: Ich spreche von der Reglementierungs-Inflation. Die Covid-Krise hat zu einer Explosion der Bürokratie im Bereich der Arbeitsorganisation geführt. Das ist aber nur die Spitze des Eisbergs: Die Reglementierung bindet jedes Jahr zusätzliche wertvolle Ressourcen, sei es im Bauwesen, in der Industrie, im Finanzwesen oder in den meisten Dienstleistungsbereichen.
Trotz diesen Erschwernissen haben sich die Freiburger Unternehmen weiterhin erfolgreich angepasst und weiterentwickelt. Ich habe volles Vertrauen in ihre Fähigkeit, diesen Weg weiter zu beschreiten. Um unser vielfältiges Wirtschaftsgefüge zu stärken, ist eine stärkere Förderung der Innovation nötiger denn je.
Nachhaltigkeitsfragen sind für unsere Unternehmen von zentraler Bedeutung, was sie seit Jahren schon beweisen. Die Industrie hat ihre Ziele bezüglich CO2-Reduktion zwischen 1990 und 2020 übertroffen. Die Unternehmen sind bereit, sich auch weiterhin in diesem Sinne zu engagieren. Sie sind Teil der Lösung. Doch diese Lösungen, betreffen sie nun Energie-, Klima-, Mobilitäts- oder Biodiversitätsfragen, können nur aus Innovationen hervorgehen. Es ist unsere Verantwortung, hier schnell zu handeln, und zwar auf kantonaler Ebene. Das Projekt, die Innovationsförderung in unserem Kanton zu institutionalisieren, liegt mir ganz besonders am Herzen, und ich hoffe, dass die Anstrengungen der Kammer in diesem Bereich fortgeführt werden.
Auf Bundesebene bleibt eine weitere Dringlichkeit bestehen: die Wiederherstellung eines stabilen und dauerhaften Rahmens für unsere bilateralen Beziehungen mit der Europäischen Union. Fast die Hälfte unserer Exporte und Hunderttausende von Arbeitsplätzen sind davon betroffen. Unsere Wettbewerbsfähigkeit zu wahren, ist ein vitales Anliegen. Dies umso mehr, als die Schweiz mit der Umsetzung der von der OECD beschlossenen internationalen Steuerreform innert sehr kurzer Frist an Attraktivität verlieren wird. Diese Steuerreform wird einen Konkurrenzvorteil, auf den sich unser Land und auch unser Kanton seit 30 Jahren stark gestützt haben, abschaffen. In diesem Dossier hat unser Kanton im Hinblick auf die Stärkung unserer Wirtschaft auch eine Rolle zu spielen.
In dem Moment, in welchem ich diesen letzten Bericht als Präsident der Handels- und Industriekammer des Kantons Freiburg (HIKF) unterzeichne, hege ich keinen Zweifel, dass wir es schaffen werden, auch in Zukunft in der Spitzengruppe zu bleiben, und dass Freiburg seine Vorteile geschickt nutzen wird. Ich hinterlasse einen gesunden und soliden Verband, der sich weiterhin für Sie alle, liebe Mitglieder und Unternehmensleiter, einsetzen wird. In den elf Jahren, in denen ich den Vorsitz der HIKF innehatte, hat sich der Kanton stark verändert, genauso wie die Governance Ihres Verbandes, die wir agiler gestaltet und besser an die aktuellen Herausforderungen angepasst haben. Die HIKF hat sich als einzigartiger und anerkannter Partner der kantonalen Wirtschaft positioniert. Ich wünsche meinem designierten Nachfolger, Claude Gremion, viel Erfolg bei der Fortführung dieses grossartigen Abenteuers. Und ich möchte diesen letzten Bericht nicht ohne einen aufrichtigen Dank abschliessen: an meine Kollegen im Verwaltungsrat, an die Direktion der Kammer, an Chantal, Viviane und Philippe, an alle Mitarbeiter der HIKF und, last but not least, an meine Frau und meine Familie, die es mir ermöglicht haben, mich vollumfänglich meiner Arbeit als Präsident zu widmen.
René Jenny, Präsident

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